WESER® KURIER               

Do. 11. Oktober 2001

WÜMME-ZEITUNG)

„Zeit" für Erotik und Lebensfreude

Renate Vogel-Stelling präsentiert neueste Arbeiten in der Worpsweder Galerie Art 99


Von unserer Mitarbeiterin Donata Holz

Worpswede. Einige Jahre haben sie ihre „Wellenweiber" in Atem gehalten. Jetzt ist für Renate Vogel-Stelling eine andere „Zeit" angebrochen, die neue künstlerische Ausdrucksweisen und Inhalte hervorbringt. Unter dem Titel „Alles hat seine Zeit" präsentiert die Künstlerin jetzt eine neue Werkgruppe in Galerie Art 99, im Kunstcentrum Alte Molkerei. Eine Einführung in diese Arbeiten gab die Lilienthaler Kulturamtsleiterin Antke Bomemann.

Waren es bei den Wellenweibern die Blautöne, die donlinierten, so schwelgt die Künstlerin jetzt in warmen roten Stimmungen. Auch stehen den Körperformen der früheren Bilder jetzt Menschen gegenüber, denen die Künstlerin ein Gesicht gab und sie, wie sie selbst sagt, „zum Leben erweckt hat". Die Kraft, Sinnlichkeit und Lebensfreude der Künstlerin kommen in diesen Bildern zum Ausdruck. Von großer Dynamik sind die Tanzbilder. Ein Triptychon zeigt eine schlanke Schönheit in einem roten Kleid, die sich dem Bolero hingibt. Auf einem anderen Bild tanzen Menschen mitten in den Straßen einer Großstadt leidenschaftlich Tango. Sensibilität und Melancholie drückt hingegen das Paar mit dem Titel „Das Leben ist ein Tanz" aus.

Renate Vogel-Stelling nimmt auch immer wieder die Stimmungen des Zeitgeistes auf und findet dazu ihre eigene Bildsprache. „ Drei Frauen - eine Welt" lautete der Titel eines Bildes, das drei Frauen verschiedener Nationen zeigt. „Unsere Welt muss zusammenwachsen - nur so gibt es Hoffnung auf Frieden", sagt die Künstlerin. In ihrem Bild symbolisiert sie das Miteinander der Frauen durch eine verbindende Geste der Hände. Die Gesichter der einzelnen Frauen werden hier besonders hervorgehoben, indem die Künstlerin einen offenen hellen Raum belässt um den Kopf herum, bevor sie weiter mit dem kräftigen roten Ton des Hintergrundes beginnt.

Mit dynamischen Strich und ausgeprägtem impulsiven Duktus entwickelt die Künstlerin ihre Bilder mit dem Pinsel, die jedoch, bevor es an die Farbe geht, bereits konzipiert sind. Flower power geht von ihren Blumenbildern aus, die sie abstrahierend mit dem Spachtel pastos aufträgt. Während man im unteren Raum der Galerie auf die neuen Arbeiten von Renate Vogel-Stelling trifft, begegnet man eine Etage höher ihren blauen „Wellenweibern".

Aus der Tiefe des Meeres sind sie vor einigen Jahren hervorgegangen, diese üppigen Formen, die die Künstlerin in den Bewegungen der Wellen entdeckt hat. Für diese Arbeiten hat sie eine ganz eigene, sehr aufwändige Technik entwickelt, in der sich die Pinselstriche wie ein Flechtwerk über Leinwand ziehen. Zehn Farbschichten mussten übereinander gelegt werden, damit sie die gewünschte Wirkung erzielte. Später entstanden in gleicher Technik in Rot- und Orangetönen die „Flammenweiber".

Sowohl in den neuesten Arbeiterhals auch in den früheren Werken spielt die Frau und ihre Weiblichkeit die zentrale Rolle. Wird auch eines Tages der Mann „seine Zeit" in ihren Bildern haben? „Ich würde nie auf die Idee kommen, einen Mann zu malen", sagt die Künstlerin, die nur dann einen Mann einbringt, wenn er beispielsweise als Tänzer gebraucht wird. „ Zeit", die Arbeiten der Künstlerin kennen zu lernen, hat der interessierte Besucher noch bis zum 13. September in der Galerie Art 99. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.